Die Klimazonen in Sri Lanka geben einem im Wesentlichen zwei Möglichkeiten. Entweder der Monsun lässt sich im Osten der Insel nieder und der Westen wird mit Sonne verwöhnt oder die ganze Geschichte verhält sich genau umgekehrt.
Bei uns war es so, dass wir schon vor unserer Ankunft in den indischen Nachrichten von den schweren Unwettern auf Sri Lankas West- und Südküste hörten. Kilometerweite Überschwemmungen hielten weite Teile des Landes in Atem und verursachten tagelange Straßenblockaden. In Colombo angekommen beschlossen wir deswegen auf schnellstem Wege an die Ostküste zu reisen. Auch die Ruhe, die wir als Ausgleich nach Delhi suchten, erhofften wir uns dort zu finden. So begann unser Aufenthalt auf dieser mystischen Insel mit einer direkten Zugfahrt quer über die gesamte Insel nach Trincomalee an der Ostküste.
COLOMBO
Davor ließen wir uns noch von den Meereswinden in die Gassen Colombos wehen und sammelten unsere ersten Eindrücke dieser für uns fremden Kultur. Die Stadt wirkte für uns sehr weitläufig mit vielen Freiräumen, breit angelegten Straßen und hohen Wolkenkratzern. An allen Ecken und Enden wird gebaut, meist handelt es sich dabei um internationale Hotelkomplexe, die schon jetzt durch übergroße Reklametafeln das Stadtbild einer erhofften Zukunft verkörpern. Eine mystische Atmosphäre fanden wir in Colombo vergebens, vielmehr spiegelte sich moderner Lifestyle in vielen Facetten des täglichen Lebens wieder und liebevoll angelegte Parkanlagen mit umlaufenden künstlichen Seen runden das Angebot für den Tourismusbetrieb in der Stadt ab. Was uns nach Indien zweifelsfrei auffiel waren die sauberen Straßen, alles hatte hier seine Ordnung und seinen Platz. Im eher traditionellen Marktviertel Pettah herrschte für uns hektisches Treiben in engen mit Reklametafeln zugepflasterten Gassen und es wird beworben und gefeilscht, was möglich ist.
Das ästhetische Highlight für uns war jedoch der Bahnhof. Mit seinem handgemalten Schriftzug „Colombo Fort“ auf alten horizontalen Holzlamellen über dem Eingang lud er uns ein die eigene Vorstellungskraft wirken zu lassen. Im Inneren erinnerten uns alte genietete Stahlkonstruktionen an längst vergessene Zeiten und an und ab zog eine bunte bemalte Dampflokomotive ein paar Waggons durch die Halle.
Als wir mit einem Nachtzug unser 300 km entferntes Ziel in Angriff nahmen, bekamen wir nicht viel vom Land zu sehen, doch die in den ersten Stunden durchgehenden Reflektionen der Überschwemmungen gaben uns ein erschreckendes Gefühl der momentanen Situation und dem entstandenen Schaden. Mit der Frage wie wohl der Monsun hier sonst das Leben der Menschen im Griff hat, ratterten wir mit gefühlten 50 Stundenkilometern in der 100 Jahre alten Dampflokomotive die ganze Nacht durch und erreichten mit den ersten Sonnenstrahlen am Morgen den nostalgisch anmutenden Bahnhof von Trincomalee.
TRINCOMALEE
Einen gefühlten Sprung später nahmen wir am Uppavelli Strand schon Anlauf in den indischen Ozean und fühlten uns wie frisch geborene Fische im Wasser. Wir blieben die nächsten Tage an diesem Strand und fanden in einem kleinen ruhigen Strandhotel eine Cabana mit Blick aufs Meer und davorliegender Terrasse. Die Zimmer haben hier kein Warmwasser mehr, doch ein Moskitonetz übers Bett gespannt. Kleine Anzeichen verraten manchmal viel und so wurden wir die folgenden Tage von der Sonne verwöhnt und von Insekten gejagt.
Tagsüber beobachteten wir Fischer, wie sie mit Seilen ihre Boote auf den Strand zurückziehen, Kühe die am Wasser entlang spazierten und sich unter Palmen in die Schatten legen. Abends freuten wir uns auf frisch gegrillten Mullet-Fisch und frisch gepresste tropische Fruchtsäfte. Uns gefiel der Ort, die gewünschte Ruhe konnten wir schnell finden und der Charme des Dorfes lies uns länger bleiben. Entlang zu schlendern zwischen Sand und Wasser, dem Rauschen des Ozeanes zu lauschen, die Sonne auf der mit Creme beschmierten Haut zu spüren und den Sand zwischen den Zehen zu fühlen gab uns ein Gefühl von Freiheit. Wenige Touristen blieben hier längere Zeit und große Hotelkomplexe haben diesen Ort noch nicht erschlossen. Viele Häuser haben interessante koloniale Züge und sind durch das feuchte Meeresklima vom Salzwasser zerfressen. Dazwischen paaren sich Bananenpflanzen und Kokospalmen zu angenehmen Schattenspendern und Ruinen erinnern an die schwierigen Zeiten der Insel. Nicht einmal zehn Jahre ist es her, dass der Bürgerkrieg das Leben dominierte. Härteste Front war damals Trincomalee. Ein Zeugnis bilden davon noch die verbliebenen Bunkeranlagen am Strand. Auch die vielen militärischen Anlagen, die für Stabilität und Ordnung stehen, fallen auf. Religion ist ein weiteres wichtiges Thema in Sri Lanka, wobei es nicht so darauf ankommt welche. Für uns war es schön zu sehen, wie es sein kann, wenn an einem Ort alle unterschiedlichen Weltreligionen miteinander koexistieren. Am Abend hörten wir immer den Mujahedin der Moslem in den Straßen predigen, in den vielen hinduistischen und buddhistischen Tempeln konnte man der Puja beiwohnen und am Wochenende beobachteten wir die Christen, wie sie morgens zur Messe in eine der vielen Kirchen spazierten. Diese haben wir hier anders als in Österreich mit weiten großen Glastüren und meist einem stehenden Jesus davor vorgefunden. Für uns war es schön zu sehen, dass hier eine Realität gelebt wird, die in Österreich nicht vorstellbar wäre.
Einziger offizieller Glaube dieses Landes ist jedoch der Buddhismus und einmal im Jahr wird darin mit dem wichtigsten buddhistischen Feiertag namens Vesak gleichzeitig Buddhas Geburt, Erleuchtung und der Tod gefeiert. Über zwei Tage lang wird kein Fleisch wie Alkohol ausgegeben und Geschäfte bleiben geschlossen. Stattdessen putzen sich alle Buddhisten fein raus und ehren diese Tage indem sie Teil des öffentlichen Treibens werden. Als einer der wichtigsten Aspekte des Festes ist es die Aufgabe von Institutionen für das leibliche Wohl der Menschen zu sorgen. Hunderte Meter lange Schlangen tummeln sich an vielen Orten und warteten bis sie an der Reihe sind um freies Abendessen oder gratis Eis zu ergattern. Als weiteres Highlight wird auch eine Art Jahrmarkt meist auf einer freien Fläche namens Esplanade aufgebaut, dessen Zentrum eine in etwa 20 meter hohe Installation zu Ehren Buddhas darstellt. Darauf grafisch abgebildet sind Geschichten zu Buddhas Weg der Erleuchtung. Wie bei einem Konzert versammelt beobachten davor große Trauben von Menschen wie sich die Lichter der Wand verändern. Ein Höhepunkt dieses Festes sind jedoch die unzähligen selbst gebauten Installationen entlang verschiedener Straßenzüge in der Stadt. Mechanische drehende Riesen- Stupas und Buddha Skulpturen in inszenierten Regenwäldern versuchten besser zu sein als andere. Schon Monate zuvor dürften die kreativen Köpfe dahinter mit der Planung beginnen, um möglichst viele staunende Blicke zu erhalten.
ARUGAM BAY
Nach elf Tagen wurde in uns der Wunsch nach Veränderung wach und vom Strand noch nicht genug beschlossen wir in Richtung Arugam Bay weiter zu reisen. Der Ort ist berüchtigt für seine Wellen und deswegen als Surfziel sehr beliebt. Viele Surfer, vor allem aus Australien, kommen hierher um einige Zeit abzuhängen. Zwischen teuren Resorts verstecken sich viele kleine außergewöhnliche Unterkünfte und entlang der zum Strand parallel verlaufenden Hauptstraße findet man angenehm gestaltete Cafes und Geschäfte. Möglichst alternativ versuchen alle ihr eigenes individuelles Erlebniskonzept zu entwerfen und vermarkten. Der Platzhirsch in diesem Sinne ist Rango’s Beach Hut, wo wir auch die erste Nacht verbrachten. Inmitten einer üppigen hohen Pflanzenvegetation war Rango der Erste nach dem verheerenden Tsunami von 2004, der als architektonisches Konzept Baumhäuser entwarf und gemeinsam mit kleinen Holzhütten eine interessante Erlebnislandschaft formte.
Das Unglück vernichtete damals die ganze Küstenregion. Nichts blieb stehen. Umso schöner ist es, dass heute das Leben hier wieder floriert. Der Besitzer eines Gasthauses erzählte uns, dass an dem Tag, als es geschah nicht wie üblich das Wasser zurück ins Meer wich, sondern sich eine eigenartige Verfärbung des Wassers zeigte. Dadurch erkannten viele die Gefahr nicht und als die hohe Welle früh morgens kam, spülte es Menschen kilometerweit ins Landesinnere. An vielen Stellen merkten wir, dass heute mehr Vorsicht geboten wird. Es existieren Evakuierungschilder, Häuser werden betoniert, Straßen sind gegen hohe Wasser gewappnet und auf den Dünnen der Strände werden Wälder gepflanzt, um die Küste zu festigen. Trotzdem sind viele Einheimische noch der Meinung, dass die Katastrophe sich wiederholen könnte.
Nicht ganz so extrem aber teilweise von uns geschätzte zwei Meter hohe Wellen bekamen wir hier zu spüren. In der Umgebung findet man fünf solcher nahezu unberührten Strände, die jede Möglichkeit für Surfer offen halten. Mit dem Moped wieder einmal machten wir zu vielen davon einen Ausflug und konnten so die die Landschaft und seine Kultur auch gleich mit entdeckten. Während der Fahrt wechselten sich Sanddünen mit Felsformationen und Reisfeldern, dazwischen tummelten sich Pelikane, Fasane und Büffelherden. Manchmal kreuzten kleine Pfade die Straße, denen wir folgten und so spannende Orte entdeckten. Der Peanut- Farm- Beach entfaltete auf diese Weise ein für uns ungewöhnliches Panorama aus riesigen Stahlskeletten vergangener Hotelkomplexe und von Surfern aus Lehm neu gebauten Cabanas zum Übernachten. Daneben im Meer vergnügten sich Surfer und mit jeder Welle wurde ihr Können erneut auf die Probe gestellt.
Am Panamabeach hingegen war es menschenleer, als wir den Strand entlang spazierten und auf dem riesigen Felsplateau den Sonnenuntergang genossen.
Um Arugam Bay herum gibt es viele freilaufende Elefanten, die wir uns nicht entgehen lassen wollten. In der Pottuvil- Lagune unternahmen wir eine Bootsfahrt und beobachteten sie beim Grasen inmitten einer traumhaft idyllischen Landschaft. Am dort benachbarten Strand genannt Whiskey Point unterhielten wir uns mit Fischern und ihre Methoden beim Fischfang. Leider sind die besten Tage hier an der Küste vorüber und die Netze waren meistens leer.
Das Leben hier verläuft langsamer als in anderen Teilen, die wir bisher bereisen durften. Von Tag zu Tag lernen wir mehr im Moment zu leben, und immer ofters fragen wir uns welche Werte das Leben ausmachen.
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