Weiter ging es mit derselben Fähre zurück nach Hagnaya auf Cebu Island, wo wir bei der Hinfahrt nach Bantayan schon übernachten mussten. Dort angekommen gab es leider keinen Direktbus zur nächsten Fährstation, doch wir hatten uns zuvor schlau gemacht und wussten wo der Bus langfährt. So nahmen wir uns kurzerhand ein Tricycle zu einem Ort im Nirgendwo und versuchten unser Glück an einer Kreuzung.
Gerade einmal fünf Minuten mussten wir den fragenden Blicken der Leute um uns herum standhalten, bis der erste Bus vorbeikam und uns mitnahm. Völlig fassungslos über unser momentanes Reiseglück erreichten wir ein paar Stunden später den Ort Maya. Die dortige Fähre bestand aus einem Zelt auf einer Brachfläche neben dem Wasser, wo mehrere Bangka-Boote vertaut waren. Eines davon war unser Gefährt ans nächste Ufer. Während der Fahrt spürten wir heftigen Wellengang und immer wieder spritzten Wasserfontänen meterhoch und durchnässten Gepäck und Passagiere. Bevor wir ankamen, durften wir noch umsteigen in ein extra zu bezahlendes Ruderboot, weil das Wasser zu seicht war, um direkt anzulegen zu können. Es hört sich immer so abenteuerlich an, aber niemand sagte je, dass Inselspringen nicht auch anstrengend sei!
Malapascuas Charme
Als wir den ersten Fuß an Land setzten, war es Abend. Voller Erleichterung angekommen zu sein, ging es direkt ins Reggae Café, das uns als einziges durch Markierungen den Weg durch die dorfartige Häuserstruktur wies, die sich vom Strand weg entfaltete. Postkolonialer Charme mischte sich dem Gefühl von einfachem Leben fernab komplexer westlicher Strukturen. Die Häuser entlang der Straße waren alle ein- bis zweistöckig, bestanden meist aus ein oder zwei Zimmern und beherbergten die ganze Familie. Alles war dicht aneinander gedrängt und machte in uns den Eindruck, als gebe es nicht genügend Platz auf der Insel. Dazwischen marschierten wir in voller Montur auf betonierten Wegen oder einfachen ausgetretenen Pfaden. Sie waren gerade breit genug für die Motorräder, die unseren Weg kreuzten. Autos gibt es auf Malapascua keine und auch keine Tankstellen. Benzin wird in Flaschen an kleinen Ständen gekauft und auch alles andere, das zum täglichen Leben nötig ist, findet sich gleich direkt an der Straße. Im Reggae Café erkannt wir schnell, dass die Insel Mekka für Taucher ist. Auf einer liebevoll gemalten Karte an einer Wand sahen wir, dass am südlichen Bounty-Beach eine Tauchschule neben der anderen ist und etliche Hotels und Bungalowanlagen den Hauptteil der südlichen Küstenlinie zieren. Durch Riffe tauchen, mit Fuchshaien schwimmen und auf einsamen Inseln stranden gilt dabei zu den Hauptbeschäftigungen.
Aus unserem geplanten Aufenthalt von zwei Tagen wurde schnell eine Woche, weil eine Schlechtwetterfront über uns hinweg zog und niemand mit den Booten aufs offene Meer fahren konnte. Über mehrere Tage wurde auch der Fährverkehr eingestellt, weil die Überfahrt zu gefährlich sei. Es regnete zwar nicht oft, doch der Wind versetzte die See in wilde Zustände, die nicht zu bändigen waren.
Uns störte es nicht hier fest zu sitzen und mit jedem Tag spürten wir die Insel ein Stück intensiver. Die Menschen um uns herum sind unglaublich freundlich. Jeden Tag wurde uns ein Lächeln geschenkt. Sie lieben es ihren Leidenschaften nachzugehen wie etwa dem Hahnenkampf. Jeden Morgen wurden wir von unzähligen Konzerten mehrerer Dutzend Hähnen geweckt, die nebenan für den Kampf heran gezüchtet werden. Der Stolz eines Mannes kann durchaus im Zusammenhang mit seinem Kampfhahn betrachtet werden. Manchmal sahen wir wie sie zwei Hähne kurz zusammen ließen um zu merken, ob sie schon für den Kampf bereit waren. Einen richtigen Kampf sahen wir aus ethischen Gründen zwar nie, aber Einheimische erzählen uns, dass ein Hahn der zweimal gewinnt zu den Siegern zählt und darüber noch lange Zeit nachher gesprochen wird.
Wir machten uns auch auf zu unserer nächsten Insel- Umrundung. Mit Kleider und Sachspenden ausgerüstet wanderten wir in Richtung Norden. Wir verließen den Ort und tauchten ein in mit Buschvegetationen bewachsene Klippen Landschaften. In den Buchten dazwischen fanden wir immer wieder kleine Ansammlungen von Häusern, wo Fischergemeinschaften ihr Zuhause hatten. Zu Gesicht bekamen wir aber hauptsächlich spielende Kinder, da die Erwachsenen alle aus zum Fischen waren. Wir trafen auf ein kleines Mädchen, das eine Box bei sich trug. Das war Coris Chance und sie beschenkte die Kleine mit einer Halskette samt Anhänger. Völlig versteinert machte das Mädchen einen tiefen Seufzer und ließ alles fallen nur um das Geschenk entgegenzunehmen. Es muss wohl einer dieser Momente gewesen sein, an den sie sich immer erinnern wird. Wir tun es auf jeden Fall.
Voll Freude ging es weiter bis zum nördlichen Strand, wo wir ein verlassenes Resort entdeckten. Es war vom letzten Taifun überrascht worden und wurde völlig verwüstet. Malapascua hat mit diesem Schicksal schwer zu kämpfen. Neugierig erforschten wir den Ort und versuchten uns vorzustellen was wir wohl daraus machen würden. Vieles war restlos zerstört und manches noch unheimlich verschont geblieben. Ganz in der Nähe traf Manuel auf eine Familie die in einer Blechhütte hauste. Der Vater hatte dieselbe Statur und so beschenkte er ihn mit Kleidung. Sie bekamen auch allerlei anderes Zeug, aber am meisten freuten sie sich über eine Familienpackung Seife.
Die Menschen leben hier in einem Paradies aus türkisfarbenem Wasser mit puren weißen Sandstrand und umringt von Kokosnusspalmen, aber die meisten haben hier keine Arbeit. Jeder lebt einfach in den Tag hinein und wartet, was auf einen zukommt. Dabei kann es vorkommen, dass ein Familie längere Zeit kein Geld sieht und somit auch keine Waren einkaufen gehen kann. Das Wort Reichtum müsste hier völlig neu definiert werden, wenn man darüber nachdenkt, ob Menschen arm sind oder nicht.
An einem anderen Tag ging es zur ersehnten Kalanggaman Insel. Drei Stunden Fahrt von Malapascua nahmen wir auf uns um einmal kurz das Gefühl haben am Ende der Welt zu sein. Es war für uns ein eigenartiges Gefühl darüber nachzudenken, wie es wäre wenn wir hier einige Zeit überleben müssten. Der höchste Punkt der Insel ist nur ein paar Meter über dem Meer und außer Sand existiert hier nicht viel Grund und Boden. In einer viertel Stunde umrundeten wir die ganze Insel und in der Ferne nichts als die feine Linie des Horizonts.
Zuhause träumten wir oft von der kleinen einsamen Insel, aber nun wirklich das erste Mal auf einer zu stehen brachte uns zum Staunen. Ein melancholisches Gefühl der Enge machte sich in uns breit und wir suchten nach Möglichkeiten der Betätigung. Wir fuhren zwar am selben Tag wieder zurück, doch dachten wir uns beide noch still und heimlich, welch spannendes Experiment es wohl sein muss, einige Zeit in solch einer Situation zu leben. Was wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten war, wie viele Inseln eigentlich noch warten von uns erobert zu werden.
Das Straßenfest in Kalibo
Wenn wir etwas mitbekommen haben in den Philippinen, dann dass diese Kultur es versteht zu feiern. Jede Insel unterscheidet sich dabei in ihrer Kultur von der anderen und so auch ihre Bräuche und Traditionen. Unsere nächste Insel die wir ansteuerten, war die Insel Panay, wo wir in der Stadt Kalibo das legendäre Ati- Atihan Festival besuchen wollten. Es ist das älteste seiner Art auf den Philippinen und wird schon seit Hunderten von Jahren zelebriert. Kalibo lässt sich namentlich herleiten von der Zahl Eintausend und steht stellvertretend für die Menge an Besuchern die bei der ersten Messe nach Einführung des Christentums durch die spanische Kolonialherrschaft teilnahmen. Das Ati- Atihan Fest feiert dieses Ereignis jedes Jahr aufs Neue indem Menschen aus der ganzen Nation sich zusammenschließen und in Paraden durch die Straßen ziehen.
Wir bekamen wegen dem Andrang keine Unterkunft mehr in Kalibo und wohnten deswegen etwas außerhalb an einem Strand in Tangalan. Erstaunt über den günstigen Preis beim Buchen, freuten wir uns umso mehr bei der Ankunft, als wir bemerkten, dass wir die einzigen Gäste waren und vor uns ein Strand für uns alleine lag. So pendelten wir drei Tage lang eine halbe Stunde von unserer verwunschenen Unterkunft in die Stadt und in der Nacht zurück. Das Fest selbst dauerte dabei eine ganze Woche. Mit Montag beginnend, steigert sich die Intensität der tanzenden und musizierenden Menschen jeden Tag und erreicht mit Samstag und Sonntag seinen Höhepunkt. Als wir am Freitag ankamen, hörten wir von Weiten den Lärm auf den Straßen. Überall wurde Alkohol ausgeschenkt und Jahrmarktstände versuchten ihr Zeug loszuwerden. Unser erster Eindruck erinnerte uns sehr an heimische Kirtage in Österreich. Wir spazierten durch die Straßen und versuchten Gefallen daran zu finden. Mit der Zeit wurden die Menschen mehr und die Straßen voller. Musik erklang auf selbst gebauten Trommeln, Triangeln und Glockenspielen und es formten sich Gruppierungen. In einer Art Endlosschleife spielten sie mehr oder weniger immer wieder dieselben Rhythmen. Auch jede Gruppe spielte dieselben Takte und Melodien und bald merkten wir, dass es nicht darum ging das Beste rauszuholen, sondern das Meiste.
Am nächsten Tag fanden wir uns schnell wieder in der paradenartigen Spirale am Hauptplatz Platz ein in der Hoffnung traditionelle Kostüme und Tanzaufführungen zu Gesicht zu bekommen. Doch der Tag verlief, wie der zuvor. Die Menschenmaße war um einiges größer und die Musik war lauter. Es machte den Eindruck als versetzte der Rhythmus die Menschen in Trance und nach stundenlangem Einwirken derselben Takte mochten gefiel es uns. Langsam wurde uns der Sinn philippinischer musikalischer Traditionen klarer. Manche Musiker trommelten schon länger als 10 Stunden auf ihr Instrument ein ohne den Gedanken eine Pause zu machen. Es steigerte sich und steigerte sich, bis zur völligen Trance. Auch an diesem Tag brachen wir vorzeitig ab und machten uns auf den Rückweg ohne Kostüme oder Tanzaufführungen gesehen zu haben.
Am dritten Tag waren wir eigentlich schon auf der Weiterreise nach IloIlo, wo unser wartete, als wir zufällig in einem Vorort von Kalibo im Vorbeifahren ein paar Kostüme erspähten und aus dem Fahrzeug sprangen. Mit unserem ganzen Hab und Gut unterwegs, verstauten wir die Rucksäcke bei ein paar Ständen und machten uns erneut auf ins Getümmel. Ein paar Minuten später waren wir umringt von Hunderten neon-farbenen Kostümen, die alle nur noch auf den Moment warteten, wenn die Jesusfigur aus der Kirche getragen wird und sie losmarschieren können. Die Kostüme waren alle selbst hergestellt aus recycelten Materialien und verkörperten verschiedenste Aspekte der Tierwelt. Es gab viele verschiedene Teilnehmergruppen, die alle zur selben Parade gehörten. Schlussendlich marschierten sie los und wir gingen mit ihnen. Die bekannten Rhythmen ertönten und es wurde im Gleichschritt getanzt und stolziert. Es war unglaublich, wie die Farbenspiele sich in Choreografien zu den Takten bewegten. Mit diesem Erlebnis endeten unsere Erlebnisse auf der Inselgruppe der Zentral-Visayas und wir machten uns auf mit Palawan eine ganz andere Seite der Philippinen kennen zulernen.
Leave a reply